Gesellenstück
11 Lambda Belichtungen unterschiedlicher Größe auf 300g Hahnemühlen Photorag Ultrasmooth, 1 x 9 x 13 cm Kodak Print, Teppich, Performance, Postkartenständer, 2015

Für sein Gesellenstück bezieht sich Rudi Weissbeck auf den Künstler Martin Kippenberger und seine Ausstellung „Peter – Die russische Stellung.“ In dieser Ausstellung zeigte Kippenberger zum ersten Mal seine skulpturale Arbeit und versuchte, in einer Weise wie nur Martin Kippenberger es konnte, alle Aspekte von Bildhauerei aufzuzeigen.

Weissbeck wendet Kippenbergers Ansatz, Probleme und Vorraussetzungen der Bildhauerei bildnerisch zu verarbeiten, auf die eigene Arbeit an. Von der performativen Dokumentation des angeblich perfekten Faltenwurfes eines alten Teppichs, über die Postkarte als Vehikel, bis zur Verwendung digitaler Überarbeitung, und dem Verbinden dieser zur Geschichte von Malerei und Fotografie, reicht hier die Palette.

Die Arbeit setzt sich mit der Möglichkeit des Scheiterns am eigenen Anspruch auseinander, und findet zwischen verspieltem Humor und assoziativer Poesie, einen Ausweg in künstlerische Autonomie. Beispielsweise wenn sich die Hutkrempe eines Pappcowboys mehrfach gespiegelt in einem digital verlängerten, Flamingo-farbenen Neonschlenker einer wolkenverhangenen Decke fortsetzt.

· Andreas Schlaegel

Ausstellungsansichten:
Reality Check im Isenburger Schloss, Offenbach 2015

Ausstellungsansicht

The Biography of Things in der Art Collection Deutsche Börse, Eschborn 2018

Foto: Albrecht Haag

Dissidenz 2018
Videodokumentation der Performance und Langzeitbelichtung
The Biography of Things
Art Collection Deutsche Börse, 2018
Video: Alexandra König

Was du siehst… Glühend schiebt sich das Licht der Sonne als gleißender Feuerball vor das Auge der Kamera. Inmitten eines wolkenbehangenen Himmels macht ein schwarzer Rahmen eine Fotografie als analoges Dia erkennbar. Die ausgefransten Ecken und Kanten funktionieren als Beleg des manuellen Herstellungsverfahrens. Auch innerhalb des Rahmens säumt sich der Himmel um die Umrisse des Bildgegenstandes und kontextualisiert diesen in seiner natürlichen Herkunft. Lichtreflexe und Schattenwürfe verweisen auf eine vergangene  Materialität und Räumlichkeit und verleihen der abgebildeten Situation ihre Authentizität. Ein schwarzer Punkt auf dem Sensor der Kamera, der sich fast unbemerkt auf die Bildoberfläche legt, bezeugt die Anwesenheit des fotografischen Apparats. Malerisch fängt die Fotografie den perfekten Moment der Wirklichkeit ein.

…ist nicht was du siehst. Der Blitz der Kamera reflektiert als gleißender Feuerball und lässt die Technik zum Zeugnis ihrer selbst werden. Der malerische Duktus des digitalen Rauschens umgibt ein Bild, welches erfolglos bemüht ist sich als analoge Aufnahme zu tarnen. Die geometrische Genauigkeit seines Rahmens lässt seine digitale Konstruktion ersichtlich werden. Auch innerhalb der Bildsituation interveniert die Digitalität mit der Glaubwürdigkeit vergangener Analogie und stellt die abbildende Funktion der Fotografie in Frage. Lichtreflexe und Schattenwürfe befreien sich, werden zum Gestus künstlerischer Komposition und fungieren als Beleg virtueller Räumlichkeit. Ein einzelner Punkt in seiner Willkür erscheint als Ausgangspunkt individueller Freiheit. Malerisch erschafft die Fotografie den perfekten Moment.

Gesellenstück heißt die Arbeit, in der sich Rudi Weissbeck der Beschaffenheit unserer heutigen Realität widmet und ihre Konstruktionsfähigkeit im Sujet und Produktionsverfahren verschmelzen lässt. Die Dreidimensionalität unserer physischen Umgebung wird nicht nur abgebildet, sondern gleichsam um die Dimension des Digitalen erweitert. Beide finden in der fotografischen Arbeit ihre Entsprechung und erlangen Authentizität.So werden sie zu hybriden Bilddingen-Dingbildern und tragen zur Erweiterung unserer Wirklichkeit – Dingwelt – bei.

· Hendrike Nagel

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